Casino Lugano Wucherer und Mafiosi treiben ihr Unwesen, und zerstrittene Aktionäre liegen sich in den Haaren
Im Casino Lugano rumort es gewaltig. Nicht nur wegen des Vorwurfs, italienische Wucherer trieben dort ihr Unwesen, und wegen einer Untersuchung der Spielbankenkommission. Sondern auch, weil sich die Aktionäre in den Haaren liegen.
Francesco Welti Seit Wochen jagen sich die negativen Nachrichten über die «Perle» am Luganersee, wie das A-Casino heisst. Auslöser war eine Sendung des Tessiner Fernsehens TSI: Darin erzählten aktuelle und ehemalige Mitarbeiter von italienischen Geldverleihern, die illegal im Haus operierten. Dann stellte sich heraus, dass an den Tischen ein Italiener regelmässig mit sehr hohen Beträgen spielte, der wegen Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation vorbestraft ist. Im Rahmen eines Wucherskandals in italienischen Casinos waren ihm sieben Jahre und vier Monate aufgebrummt worden. Seine ebenfalls einschlägig vorbestrafte Frau betrieb im Tessiner Casino derweil eine Agentur, die finanzkräftige Spieler vermittelte. Die Direktion hat diese Agentur «Fun Time» nun hinausgeworfen; der Ehemann erhielt Hausverbot. Doch damit ist das Probleme für die Stadt Lugano – sie hält 67% der Aktien – nicht erledigt: «Wenn auch nur ein Teil der Anschuldigungen stimmen sollte, wäre das Vertrauen in die Führung dahin», bezog Stadtpräsident Giorgio Giudici in der TSI-Sendung «Falò» nach Wochen des Schweigens Position. Einer der fünf Vertreter der Stadt im Verwaltungsrat hat wegen der Affäre bereits seinen Rücktritt bekannt gegeben.
Unlösbarer Interessenkonflikt Zumindest eine Verfehlung dürfte an den Casino-Verantwortlichen hängen bleiben: Der Eidgenössischen Spielbankenkommission wurde die 1999 rechtskräftig gewordene Verurteilung der «Fun Time»-Direktorin nicht gemeldet. In der Schweiz sei nichts gegen sie vorgelegen, versuchte man sich herauszureden. Doch die Spielbankenverordnung verlangt eine Liste aller Strafverfahren und Prozesse der letzten zehn Jahre; lebte eine Person seinerzeit im Ausland, müssen auch Registerauszüge von dort vorgelegt werden. Als Grundübel macht Sindaco Giudici indessen einen Interessenkonflikt aus: Die Stadt sieht das Casino mit seinen Gewinnen – wie früher den Kursaal – als wichtigen Sponsor für touristische, kulturelle, sportliche und soziale Aktivitäten. Den privaten Aktionären geht das zu weit: Sie wollen zuerst eine saftige Rendite sehen. Im VR wird daher um jeden Entscheid heftig gekämpft: «Entweder übernehmen wir alle Aktien oder sie», folgert Giudici.
Das fordert Stadtrat Giuliano Bignasca schon lang. Die Stadt hat ein neues Gutachten über den Wert der Aktien in Auftrag gegeben. Liegt das Ergebnis vor, «dann soll alles gekauft werden», findet der Lega-Präsident und ergänzt: «Der zähe Knochen in der Sache ist Adriano Censi.» Anwalt Censi, Präsident des Schweizer Casino Verbands und dort für das Ressort Geldwäscherei/Selbstregulierung zuständig, ist in Lugano mit einem Anteil von 7% grösster Privataktionär.
Entscheid gerichtlich angefochten Als Casino-Verwaltungsrat war er Anfang Sommer in das heftige Hickhack über die Verteilung der Gewinne verwickelt. Die von den städtischen VR-Vertretern durchgesetzte Lösung haben die Privataktionäre gerichtlich angefochten. Allerdings: Allzu grosse Gewinne gibt es im ersten ganzen Betriebsjahr noch nicht zu verteilen. Da überrascht es wenig, dass die Tessiner Spielbank mit der ebenfalls nur mässig erfolgreichen Spielbank Luzern den Entscheid des Bundesrats lediglich für B- Casinos die Abgabesätze zu senken, besonders stark kritisierte.
Von einer «nicht nachvollziehbaren Ungleichstellung» war in einem Communiqué aller Schweizer A- Casinos die Rede. Sie forderten Gleichbehandlung und warnten davor, im Rahmen der Revision der Spielbankenverordnung weiteren Forderungen der B-Casinos nachzugeben. Forderungen, die Verbandspräsident Censi unterstützen müsste – auch im Verband drohen ihm also spannungsgeladene Zeiten. Quelle Oltener Tagblatt
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