Hat es sich bald ausgepokert?

05.06.2008, Lesen Sie hier den Bericht über «Hat es sich bald ausgepokert?».

Spekulationen um ein schärferes Glücksspielrecht in Hessen beunruhigen Kasseler Pokerspieler

Von Christian Schwarz

Kassel. Ein verrauchtes Hinterzimmer in einer Bar. Eine Deckenlampe wirft ihr Licht durch den Zigarrenqualm auf fünf finstere Gestalten. Jeder hält zwei Spielkarten in der Hand. Die Luft knistert vor Anspannung. Schenkt man diversen Mafiafilmen Glauben, sahen so oder so ähnlich Pokerrunden in den Dreißigerjahren aus.

Heute knistert die Luft nicht nur in dunklen Hinterzimmern. Längst sitzen nicht mehr nur Ganoven an den Spieltischen. Pokern ist salonfähig geworden. Und auch in Kassel treffen sich immer mehr Menschen zum Zocken.

Doch damit könnte es schon bald vorbei sein. Um Jugendliche vor der Spielsucht zu schützen, hat Rheinland-Pfalz kürzlich die Regeln verschärft. Pokern ist demnach nur noch in Kasinos und Spielotheken erlaubt. Ähnliche Töne kommen nun auch aus dem hessischen Innenministerium.

Zeitungsberichten zufolge erwägt das Land eine Verschärfung der Glücksspielbestimmungen, gerade wegen des Pokerbooms unter jungen Menschen. Auf Anfrage erklärt Michael Bußer, Pressesprecher im Innenministerium, dass derzeit keine entsprechende Gesetzesinitiative vorläge. Auch müsse man abwarten, ob sich das Pokerverbot in Rheinland-Pfalz überhaupt rechtlich halten ließe.

Veranstalter von Pokertunieren in Kassel sagen, dass ein Verbot für sie das Aus bedeuten würde. Es gibt aber Ideen, sich lizensierten Betrieben oder Kasinos anzuschließen und unter deren Obhut Turniere zu veranstalten. "Die Leute wollen ja irgendwie weiter pokern," stellt ein Veranstalter fest, der weder mit Namen noch mit Bild in der Zeitung stehen möchte.

"Ein Verbot wäre für uns das Aus."

Veranstalter von Pokerturnieren in Kassel

Auf Jugendschutz und Suchtgefahr angesprochen, sagt er, die Spieler bei seinen Turnieren seien mindestens 18 Jahre alt. Und selbstverständlich würden Ausweise kontrolliert. Wirkliche Suchtgefahr lauere in den großen Kasinos, glaubt er.

Ganz anderer Ansicht ist die Suchtberatung des Diakonischen Werks in Kassel. "Pokern birgt ein sehr hohes Suchtrisiko. Es ist praktisch die Einstiegsdroge ins Glücksspiel," warnt Petra Hammer-Scheuerer, Verantwortliche für den Bereich Spielsucht. "Besonders Jugendliche sind gefährdet, selbst wenn sie nur um kleine Beträge spielen." Während des Spiels sei nämlich bis zum letzten Moment nicht absehbar, ob man gewinnt oder nicht. Der Erfolg käme überraschend. Dabei würden Glückshormone ausgeschüttet, die den Spieler in eine Hochstimmung versetzten. Das Gehirn erinnere sich später an das Gefühl sowie die Begleitumstände und versuche, diese zu wiederholen. Diese Abläufe machten die eigentliche Sucht aus.

Hinzu kommt die Verbreitung von Pokern in den Medien, wie Fernsehen und Internet. Häufig würde hier der Eindruck vermittelt, es handele sich um ein Geschicklichkeitsspiel. "Das Gegenteil ist der Fall", sagt Hammer-Scheuerer, "Pokern ist reines Glücksspiel."

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