Brief aus Las Vegas, Flapp-Strip

24.10.2004, Lesen Sie hier den Bericht über «Brief aus Las Vegas, Flapp-Strip».

Die Anziehungskraft Sin Citys reicht weit. Im Waschsalon im Städtchen Moab, ganz weit draußen im prüden, alkoholfreien, gottesfürchtigen Utah, reicht schon die Äußerung des Dreisilbers "Las Vegas", um die halbe Hausfrauenbelegschaft in Aufregung zu versetzen: Die Reisenden werden ungebeten mit Tipps überschüttet, wie man der Glamourstadt in der Wüste zu begegnen habe. Also: Wo die besten Gratis-Vergnügungen sind - etwa die viertelstündliche Fontänen-Show vor dem "Bellagio", oder das Schatzinsel-Theater vor dem "Treasure Island".

Vergnügen. Hm. Definitiv eine Frage der Definition. Denn - nix Neues - natürlich ist es die Hauptbeschäftigung der Vegasianer, Quarter-Münzen in die Automaten zu werfen, die statt der üblichen Sitzgruppen die Erdgeschosse der Hotels flächendeckend füllen. Die Rezeption zum Einchecken muss der Vegas-Besucher ebenso suchen wie den Fahrstuhl. Offizielles Vergnügen Nummer zwei ist der Besuch von "Shows": Von "Cirque du Soleil" über "Queen - das Musical" bis zu "Folies Bergères". Viel mehr ist nicht.

Moment. War da noch was? Stadt der "Sünde"? Stimmt: Ungewöhnlich ist, dass man überall rauchen darf. Und kein Mensch verlangt, dass man eine braune Tüte über sein Bier stülpt, das nicht wenige der männlichen Flaneure auf dem "Strip" in der Hand tragen. Was der Papst wohl dazu sagen würde? Und überhaupt: In keiner US-Stadt wird so viel gelaufen. Auf und ab geht das. Zum sich zu Tode amüsieren.

Alle paar Meter stehen Animateure, die partout wollen, dass man ausgerechnet in ihr Casino genanntes Automaten-Getümmel geht. Die Einheimischen scheint es nicht zu stören, dass sie zu diesem Behufe ständig gefragt werden, wo sie denn herkommen. Nur die deutschen Reisenden blicken genervt geradeaus und erfahren so, dass die Freundschaft Bush-Blair während der Urlaubsreise abgekühlt sein muss. Übereinstimmend vermuten die ignorierten Animateure verärgert: "Are you from England?" Merke: Nur der Engländer ist so arrogant, auf eine unschuldige Frage nicht zu antworten.

An jeder Ecke stehen hispanisch aussehende Neu-Amerikaner und blättern - flapp-flapp-flapp - kleine Karten auf. Egal, ob der Vorbeiläufer Kind, Frau oder Mann ist. Flapp-flapp-flapp machen sie. Und da ist sie - die Sünde: Girls, girls, girls. Kommen auf Wunsch auch ins Hotel. Na prima. Das nenn' ich Vergnügen.

Aber ein Bier im milden Abendlicht der untergehenden Wüstensonne am Tisch eines netten Straßencafés? Vergiss' es! Saufen draußen nur im Laufen. Oder mit Essen. Keine Kneipe nirgends. Wer Bier will, muss daddeln. Oder die Stadt verlassen. Frauke Haß

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